Chelsea ist zugleich Botanik-Show und Society-Event auf höchstem Niveau, ein Bayreuth der Gartenliebhaber, Designer und Züchter. Alter Adel, junge Kreative und jede Menge Prominenz sind garantiert.
Die Königin hatte dieses Jahr eine offizielle Mission zu absolvieren. Als Schirmherrin der Veranstaltung war sie gebeten, die „Victoria Medal of Honour“, höchste Auszeichnung der Horticultural Society, an einen der passioniertesten Gärtner Großbritanniens zu verleihen: ihren
Sohn. Die Begründung lautete, Charles leiste durch seinen Garten und seine Farm in Highgrove unschätzbare Vorbildarbeit bei der Unterstützung guten und nachhaltigen Gärtnerns. Außerdem bietet der Thronfolger durch diesen Spagat zwischen Status und Engagement der Gartengesellschaft und allen Gästen die Möglichkeit, sich zwischen Champagnerquellen
und Regenwasser-Auffangbecken nachhaltig wohl zu fühlen".
Diashow Chelsea Flower Show: Prinz Charles, der Rosenflüsterer
Rod Stewart hingegen ehrte mit seiner Anwesenheit am Stand des Rosengärtners Peter Beales die Präsentation einer neuen Buschrose namens Highgrove – die sich mit ihrem dunkelviolettroten Farbton schon deswegen gut verkaufen wird, weil der Prince of Wales um sein Einverständnis zur Namensgebung gebeten ward, was er huldvoll gewährte. Im großen Schaupavillon, wo die Rosentaufe sich ereignete, hing anders als draußen in den Mustergärten noch ein üppiger Duft floralen Überflusses.
Auf der Besucherliste stehen u.a. Dame Helen Mirren, Sir Michael Caine, Sienna Miller, Kim Cattrall, Jasper Conran,Ringo Starr, Philip Treacy, Helena Bonham-Carter. Schauspielerin und Prinz Charles-Vertraute Joanna Lumley schnupperte gestern an einer nach ihr benannten Fuchsie.
Der schwedische Landschafts-Architekt Ulf Nordfjell transportierte mit seinem „Telegraph Garden“ das Konzept des traditionellen Cottage-Gartens elegant ins 21. Jahrhundert und wurde dafür mit der Goldmedalle belohnt.
Ein weiterer Gewinner ist der Laurent-Perrier-Garten des italienischen Luciano Giubbilei. Kunstvoll geschnittene Hainbuchen, Buchs und Eiben bestimmen die Linien des klassischen Gartens. Sie werden unterbrochen von fedrigen Gräsern, violetten und tiefpinken Blüten und einem Teich. Das sich wiederholende Pflanzschema verleiht dem Garten eine Aura der Ruhe
und Gelassenheit.
In diesem Jahr kommt auch der typisch britische Humor zum Ausdruck: TV-Moderator James May kreierte einen kunterbunten Garten, der ganz und gar aus Knete besteht. ‘Paradise in Plasticine’ lässt Kinderherzen sicher höher schlagen, aber die konservative Jury konnte sich nicht überwinden und verlieh ihm nur einen Trostpreis. Am „Plasticine Garden“, dem wohl einzigen Garten der Welt, in dem keine einzige lebende Pflanze zu sehen ist, hatten viele Amateure mitgeknetet. Die bunten Knetbeete, die wirkten, als sollten sie Kulisse einer Sandmännchenszene sein, boten den kühnsten Tabubruch der diesjährigen Blumenschau. May
zeigte in seiner quietschbunten Gartenszene, dass man mit Plastikblüten alle Jahreszeiten zugleich in seinen Garten holen kann: Stiefmütterchen neben Sonnenblumen neben Christrosen.
Das größte Aufsehen erregte die Gartengestalterin Sarah Eberle mit drei Variationen eines „Kredit-Krisen-Gartens“. Sie präsentierte drei kleine Reihenhaus-Vorgärten: im ersten, dem „Banker-Garten“, bildeten aneinandergeschweißte Prozentzeichen den schmiedeeisernen
Gartenzaun; im zweiten, dem „Offshore-Garten“, schwamm eine Spielzeugyacht im ausgeschachteten Vorgartenbassin, dessen Wasserstand durch eine versteckte Tidenpumpe variiert wurde (die Trittsteine zwischen Gehweg und Haustür waren nur bei Ebbe trockenen Fußes benutzbar); den dritten Garten nannte die Designerin, die ihren deutsch klingenden Nachnamen mährischen Vorfahren verdankt, „Garten eines Künstlers mit überzogenem Konto“.
Kein Zweifel, dort, zwischen Akelei, Birke und einem alten Nähmaschinengestell, war Mrs Eberle selbst zu Hause.
Zum ersten Mal seit 20 Jahren ist dieses Jahr ein Gartenzwerg entdeckt worden. Das Kerlchen stand, mit Gießkanne bewaffnet und mit unschuldigem Blick, neben den Hornveilchen in der Schauanlage von Jekka McVicar. Mrs. McVicar, eine Institution im Machtgefüge der „Royal Horticultural Society“, wusste genau, dass die Erscheinung ihres kleinen Freundes gegen den strikten Kodex der königlichen Gartenbaugesellschaft verstieß, die weder Zwerge noch anderen Kitsch in ihren Schaugärten und Blütenarrangements der „Chelsea Flower Show“ dulden will. Doch die hochdekorierte Schaugärtnerin stach dennoch der Hafer, und so nahm sie den zipfelmützigen „Borage“ – was auf Deutsch Borretsch bedeutet – kurzerhand aus ihrem Büro auf
die Ausstellung mit.
Es wurde ein symptomatischer Gag: Denn die Gartenentwürfe und die Blumenzüchtungen, die Jahr für Jahr auf dem Gelände des Armee-Invalidenhauses in Chelsea für fünf Tage aufgebaut werden, folgen in diesem Mai anderen Grundsätzen. Es sind nicht länger die exotischsten Orchideenkreuzungen, der allerblauestblühende Themengarten, der auf blitzenden Chromblechen herabgleitende Wasservorhang, die Hunderttausende Gartenliebhaber zum Staunen bringen. Statt auf filigran gezüchtete Pracht blickten die exklusiven Ersttagsbesucher in diesem Jahr auf Wildblumenwiesen, Kräuterbeete, Obstgärten.
Quellen und mehr offizielle Chelsea-Show-Seite (engl.) - faz.net -bunte.de
Mein Bericht vom Besuch der letztjährigen Chelsea Show
Kunstaktion: WIR PFLANZEN 5. bis 7. Juni 2009
Die Künstlerinnen und Künstler der Kunststation in Schwarzrheindorf nähern sich aus unterschiedlichen Richtungen dem Thema: WIR PFLANZEN. Malerei, Zeichnung, Collage, Installation und Skulptur sind die Techniken hierfür.
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